Dirigent Christian Sade und das Orchester des Musikvereins Münchweier begeistern / Konzert verpackt in ein Bauerntheater
Einen ganz frischen Wind bliesen die Musikerinnen und Musiker des Musikvereins Münchweier bei ihrem Maikonzert am Samstag in die Trompeten und Klarinetten: Bei dem als Bauerntheater verpackten Konzert schwang König Sepp, selbst ernannter Herrscher von Münchweier, das Zepter und bestimmte, was seine Hofkapelle zu spielen hat.
König Sepp (Walter Bing) ist ein Mann der hohen Ansprüche und flachen Aussprüche — neureich aber arm im Geiste. Das finanzielle Himmelreich wurde ihm gegeben, als er den legendären Schatz des Heidenkellers hob, wie die Gisenburg im Münstertal im Volksmund heißt. Der erzählt auch, dass bei der geheimnisvollen Fluchtburg aus vorchristlicher Zeit ein Schatz verborgen ist, der nur in der Christnacht gehoben werden kann. Sepp, der Übung im einen heben zu haben scheint, ist das Kunststück gelungen. Seither läuft es finanziell recht gut bei ihm.
Und wo Geld ist, da sind hübsche Frauen oft nicht fern: Gelangweilt wirft der König zu Konzertbeginn Bilder von Verehrerinnen ins Publikum. "Großstadttussi" Helga (Hanna Passmann) hatte da mehr Erfolg. Sie hat König Sepp im Internet umgarnt und ist zum Vorstellungstermin geladen.
Mitgebracht hat sie Noten, die ihren Musikgeschmack treffen und die übergab sie dem königlichen Kapellmeister.
Der ist seit Januar 2008 Christian Sade und mit ihm hat Sepp ein gutes Händchen bewiesen: Sade versteht es die Musiker mitzureißen, er tanzt seine Direktion und zeigt mit gewaltigen Gesten, wie er einzelne Stellen gespielt haben will. Sein liebstes Spielzeug ist dabei offenbar der Lautstärkeregler, den er gerne bis zum Anschlag dreht. Da vibriert der Boden der Festhalle, dass dem Publikum in den vorderen Reihen der Stuhl unterm Hinterteil wegmarschiert. Dennoch versteht sich der Musikverein auch auf die leisen Töne, spielt überhaupt dynamisch ganz ausgezeichnet. Ausgezeichnet auch Sade selbst, der am Flügelhorn "Over the Rainbow" spielt und dabei mit seinem Instrument schmust wie ein frisch Verliebter. Aber Helga steht auf Rock und da muss es zur Sache gehen: Grönemeyer wird gespielt, "Zeit dass sich was dreht" (Tolles Saxophonsolo von Andrea Pfisterer). Und es dreht sich was: Trudi kommt hinzu, sie hat sich ebenfalls in den König verguckt. Sie ist eine Münchweierer Bäuerin, einfach grandios gespielt von Josefa Wangler. Trudi liebt Polka und Marschmusik und die lässt sie die Kapelle spielen: Florentinermarsch, Rosamunde, aber auch etwas Swing wünscht die Dame. Der Musikverein gibt ein schön gespieltes Wunschkonzert. Da muss Helga zeigen, dass es um ihren kulturellen Sachverstand gut bestellt ist und lässt Bach auflegen. Aber Helga wäre nicht Helga, wenn sie nicht Bach mit besonderer Note wünschen würde — die Toccata für Orgel wird vom Musikverein in einer Rockversion gespielt.
Ebenso Antonin Leopold Dvorak, dessen 9. Sinfonie als Popversion erklingt. Das war der Wunsch von König Sepps nur bedingt ergebenen Dieners Edwinius (Edwin Enderle), der es damit tatsächlich schafft, die verschiedenen Geschmäcker zu vereinen. Demonstrativ setzt sich König Sepp zu seinem Volk auf eine Ebene und befiehlt seiner Stimmung mit Musik Ausdruck zu verleihen: "Satisfaction" (Zufriedenheit) der Rolling Stones lässt die ausverkaufte Festhalle erbeben.
Der erste Streich von Dirigent Christian Sade ist mit dem "Maikonzert — einmal ganz anders" vollauf geglückt. Der zweite Streich kann sogleich erfolgen, meint das Publikum, das mit dem neuen Dirigenten seines Musikvereins überaus zufrieden ist: Zugaben werden gefordert und gegeben bis das Repertoire nichts mehr hergibt (weiterer Bericht folgt).